Rheuma Erkrankungen

Wirbelsäulenschmerz (Lumbalgien und Cervikalsyndrome)

Wirbelsäulenschmerzen, Lumbalgien und Cervikalgien, werden pro Jahr bei 10 – 20% der Bevölkerung verspürt und stellen für den Allgemeinmedizinier ein häufiges Krankheitsbild in der Ordination dar. Obwohl Schmerzen im Bereich des Achsenskelettes sehr oft mechanische Ursachen haben (Überbeanspruchung, Muskelüberlastung, Diskushernien), sind bei etwa 10% der betroffenen Patienten entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule anzutreffen. Diese Erkrankungen sind von wesentlicher differentialdiagnostischer Bedeutung – auch in Hinblick auf moderne Therapien.
Daher sind bei jedem „Wirbelsäulen-Patienten“ eine allgemeine Anamnese und eine Ganzkörperuntersuchung wichtig, wobei auch einer neurologisch-orientierenden Untersuchung große Bedeutung zukommt. So können die sehr selten neurologischen Notfälle (wie etwa die Cauda-equina-Kompression mit symmetrischen Ischialgien, symmetrische Schwäche der unteren Extremität, Inkontinenz und Reithosenanästhesie), die unter anderem durch eine Bandscheibenpathologie, einen Epiduralabszess oder Tumor verursacht werden, erkannt werden. Akute Veränderungen des Rückenmarks in der Cervicalregion (z.B. durch Bandscheibenprotrusionen) können mit Spastizität, Muskeltonus-Erhöhung bis zum Krampf und Inkontinenz einhergehen.

Der Rückenschmerz als Ausdruck von systemischen Erkrankungen geht meist entweder
- mit Fieber und Gewichtsabnahme (etwa bei Osteomyelitis oder Tumoren)
- einer ausgeprägten Zunahme des Schmerzes beim Liegen (bei Tumoren)
- einer Steifigkeit entlang der WS am Morgen (bei entzündlichen Wirbelsäulen-Erkrankungen)
- streng lokalisierbaren Schmerzen in der WS (bei osteoporotischen Frakturen oder Knochentumoren)
- oder es handelt sich um viszerale Schmerzen (z.B. Nierenkolik, Menstruationsschmerzen, Aortenaneurysma, ösophageale und koronare Schmerzsyndrome), die nur scheinbar von der Wirbelsäule entspringen. 


Mechanische Ursachen für lumbosakralen Schmerz:

1. Überlastungssyndrome der autochthonen Muskulatur nach Traumen mit Ausbildung lokaler Muskelkrämpfe; es kommt zu einem Circulus viciosus durch den reflektorischen Versuch, das entsprechende Segment ruhig zu stellen - mit lokaler Acidose und anhaltender lokaler Krampfneigung.

2. Bandscheibenschäden mit mechanischer Irritation der Nervenwurzeln und sekundärer Entzündung; der radikuläre Schmerz (als Beispiel die Ischialgie) kann mit einer Sensibilitätsstörung, Reflexasymmetrie und Muskelschwäche einhergehen. Die physikalische Untersuchung mit Provokation einer Nervendehnung (etwa durch das Lasègue-Manöver) kann den klinischen Verdacht erhärten.

3. Spondylose als Folge von Fehlbelastungen: es kommt zu degenerativen Veränderungen der Wirbelkörper mit appositionellen Knochenzacken an den Wirbelkörperrändern und zu degenerativer Zerstörung der Bandscheibe. 

4. Die Spinalkanalstenose im Lumbalbereich: bedingt durch Bandscheiben-Protrusionen, Verdickung der paravertebralen Bänder oder durch Osteophyten; es kommt zu in zuordenbare Segmente ausstrahlende Schmerzen und zur spinalen Claudicatio, die sich im Gegensatz zur vaskulären Claudicatio intermittens erst durch Hinsetzen oder Vorwärtsbeugung (beides führt zu einer Entlastung des Rückenmarks und zur Vergrößerung des zur Verfügung stehenden Raumes, und somit zu einer besseren Durchblutung) bessert.

5. Spondylolisthese, eine anteriore Verschiebung eines Wirbelkörpers: häufig als Folge einer Bandscheibenschädigung; charakteristisch sind Schmerzen beim Stehen, die sich in Ruhe bessern. Reflektorische Muskelkontraktionen führen zu einer verstärkten Skoliose und gelegentlich zu einer sichtbaren Stufenbildung. 


Häufige radikuläre Symptome im Lumbalbereich:

L4: Schmerzen im anterioren Becken bis zum medialen Oberschenkel, Abschwächung des Patellarsehnenreflexes

L5: Seitliche Schmerzen bis in den Fußrücken ausstrahlend 

S1: Schmerzen bis in den Außenknöchel und den seitlichen Fußrand mit Abschwächung des Achillessehnenreflexes