Rheuma Erkrankungen nach Alphabet

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Arthropathien bei der hereditären (idiopathischen) Hämochromatose

Etwas 50% der Patienten mit einer hereditären Hämochromatose entwickeln eine spezifische Arthropathie, wobei die MCP-Gelenke des 2. und 3.Fingers nahezu immer betroffen sind. Der Verlauf der Hämochromatose und jener der Arthropathie sind voneinander unabhängig.
In Nordeuropa wird die Häufigkeit der idiopathischen Hämochromatose mit 0,25% angegeben, wobei sie meist in der 4.Lebensdekade manifest wird. Ungefähr die Hälfte der betroffenen Patienten entwickelt eine Arthropathie. Männer und Frauen sind von der Arthropathie annähernd gleich häufig betroffen.
Bezüglich des Manifestationsalters besteht ein Unterschied zwischen Patienten mit und ohne Arthropathie - jene mit einer Gelenksbeteiligung entwickeln durchschnittlich 10 Jahre später die Stoffwechselerkrankung (Alter um 50 Jahre).
Die Hämochromatose ist eine genetisch bedingte Erkrankung, wobei die Mutation eines Gens, das den MHC-I-Antigenen entspricht, gefunden worden ist. Die Folge dieses Defektes ist eine komplexe Störung, die dazu führt, dass der Transferrinrezeptor ungeregelt Eisen binden und in die Zellen einschleusen kann. Für die klinische Ausbildung werden zusätzliche Faktoren verantwortlich gemacht.
Als Ursache der Arthropathie wird eine mögliche toxische Wirkung des Eisens postuliert, insbesondere weil eine Vermehrung von Eisen in den B-Lymphozyten und Synoviozyten der Synovialis gezeigt werden konnte. Durch Beeinträchtigung der Lysosomenmembran könnte es zu einer erhöhten Aktivität der Lysosomenenzyme kommen.
Die Patienten präsentieren sich mit Bewegungs-abhängigen Schmerzen der MCP-Gelenke meist des 2. und 3.Strahles. Schwellungen, die in der Regel schubweise auftreten, sind insgesamt selten. Auch eine Morgensteifigkeit sowie Funktionsdefizite sind fast nie anzutreffen.
Es finden sich erhöhte Serum-Eisen-Spiegel, eine erniedrigte totale Eisenbindungskapazität und eine mehr als 75% betragende Transferrin-Sättigung.
Die Entzündungswerte sind üblicherweise negativ.
Vor allem im Zusammenhang mit einer Leberzirrhose finden sich erhöhte Rheumafaktoren.
Röntgenbilder der Hände zeigen multiple, subchondrale, kleine Zysten in den Köpfchen der Ossa metacarpalia. Seltener findet sich eine raue Struktur der subchondralen Knochenbegrenzung. Häufig zu sehen sind eine asymmetrische Verschmälerung des Gelenksspaltes, ausgeprägte apophysäre Knochenanbauten an den Gelenkrändern und Ossikel. Eine gelenknahe Osteoporose fehlt in der Regel.
In der Skelettszintigraphie finden sich - passend zum klinischen Bild - deutliche Anreicherungen in den betroffenen Gelenken.
Mittels Magnetresonanz-Tomographie kann eine genaue Darstellung der Morphologie erfolgen.
Die Diagnose der Hämochromatose muss histologisch gesichert werden.
Eine unbehandelte Hämochromatose führt zu Leberzirrhose, Diabetes mellitus, Herzrhythmusstörungen und -insuffizienz sowie Hypogonadismus.
Aufgrund der meist nachweisbaren Rheumafaktoren kann eine Abgrenzung zur chronischen Polyarthritis in den Anfangsstadien eventuell problematisch sein. Der nicht-destruktive Verlauf, der meist alleinige Befall der MCP-Gelenke 2 und 3 sowie das Fehlen einer echten Arthritis ermöglichen jedoch die Differenzierung. Die Hämochromatose-Arthropathie kann sich in 2 verschiedenen Formen manifestieren, nämlich einerseits als symmetrische Arthropathie der MCP-Gelenk 2 und 3, wobei Schmerzen im Vordergrund stehen. Andererseits kann es sich um eine Chondrocalcinose handeln (ca. 20-50% der Fälle). Fingerpolyarthrosen unterscheiden sich in ihrer Lokalisation.
Die kausale Behandlung der Grunderkrankung hat keinerlei Einfluss auf den Verlauf der Arthropathie.
Lokal kommen physikalische Maßnahmen zur Anwendung. Symptomatisch wird mit NSAR und intraartikulären Glukokortikoiden gearbeitet; die Arthropathie der MCP-Gelenke zeigt sich gegenüber diesen Maßnahmen jedoch relativ resistent. Hierauf spricht am ehesten die gleichzeitig bestehende Chondrocalcinose an.